Rantala,Iiro 'Potsdam'
Ob Solo, im Trio oder mit Orchester, als Opernkomponist, Jazzimprovisator oder tiefsinniger Interpret bekannter Popmelodien, der Finne Iiro Rantala ist ein Hansdampf in allen Gassen, und vor allem „ein genialer Pianist“, wie das Hamburger Abendblatt feststellt. „Er schafft es, Unterhaltung und Bedeutung, Eigenheit und Esprit in seine Musik zu packen“ (Ralf Dombrowski) und lässt die Grenzen verschwimmen. Spielerisch bewegt sich Rantala zwischen den Genres, und macht, was er am besten kann: Sein ganz eigenes Ding.
Es ist dieser musikalische Horizont, der Rantala so heraushebt. Jazz beginnt für ihn nicht bei Armstrong oder Coltrane, sondern bei Bach, und er endet nicht bei üblichen Genregrenzen, sondern bezieht spielerisch leicht Klassik, Pop oder Rock mit ein. Mit stupender Technik, überbordender Fantasie und dem für ihn typischen Humor. Dem jeweiligen Thema entsprechend dominierten auf seinen bisherigen Alben jeweils einige seiner Qualitäten, den ganzen Iiro Rantala durfte man bei vielen seiner Solo-Konzerte erleben. So war ein Live-Album eines dieser Konzerte ein echtes Desiderat. Jetzt ist es da: „Potsdam“, mitgeschnitten ebendort im großartigen Nikolaisaal.
Auf „Potsdam“ zeigen sich alle Facetten Rantalas künstlerischer Identität: eine Art Retrospektive auf vergangene Alben gepaart mit neuen Kompositionen, die der Finne in der gezwungenen Konzertauszeit während der Corona-Pandemie schrieb. Mit „Twentytwentyone“ beginnt der begnadete Melodiker Rantala das Konzert mit bittersüßen Noten: ein sentimentales, schwelgerischen Stück, das zwischen Melancholie und Hoffnung changiert und damit den Gemütszustand vieler Menschen im letzten Jahr in Töne einfängt.
Hier und auch beim späteren „November“ (aus seinem „Finnish Calender“) zeigt sich Rantalas Vermögen aus einfachen Motiven ohne Scheu vor Pathos oder Hymnik große lyrisches Gemälde zu erschaffen. Bei „Time for Rag“ oder „Can You Be Bop?“ erleben wir den traditionsbewussten Virtuosen, der die klassischen Jazzklavier-Stile wie Ragtime, Stride oder Bebop fulminant in seine Klangwelt überführt. Auf „Peace“, ebenfalls eine Neukomposition, kann man eine Mischung aus klassischer Romantik und elegischem Nordic Sound hören. „Freedom“ demonstriert mit der Präparation des Flügels Rantalas experimentelle Seite – abgesehen von der unwiderstehlichen rhythmischen Wucht des Stücks.
„Woman“ aus seinem John Lennon-Programm „My Working Class Hero“ unterstreicht Rantalas Ausnahmekunst, Altbekanntes, ja mitunter Allzubekanntes in einem völlig neuen, strahlenden Licht erscheinen zu lassen. Was in der Klassik-Adaption „Candide Overture“ in einem musikalischen Wirbelsturm mit viel Witz kulminiert. Mit der Zugabe „Somewhere“ hat es eine besondere Bewandtnis: Rantala spielte es spontan zur Erinnerung an den einen Tag vor dem Potsdamer Konzert gestorbenen Textdichter der „West Side Story“ Stephen Sondheim. Ein zu Tränen rührendes Meisterstück, das nicht nur für Rantalas Empathie, sondern auch für seine hohe Kunst der Improvisation steht.
So zeichnet „Potsdam“ ein umfassendes, schillerndes Porträt des Künstlers Iiro Rantala. Eines Pianisten, der mit seinen universalen Fähigkeiten selbst Hörer überzeugt, die bisher glaubten, keinen Jazz zu mögen. Und wenn man Jazz als von der Energie im Raum mitgetragene Musik aus dem Augenblick für den Augenblick definiert, dann ist „Potsdam“ Rantalas bislang jazzigstes Album.
„Rantala schafft es, Unterhaltung und Bedeutung, Eigenheit und Esprit in seine Musik zu packen“ (Ralf Dombrowski). „Potsdam“, aufgenommen im dortigen Nikolaisaal ist ein Desiderat Rantalas bisherigen Schaffens. Mit Hits aus seinen bisher erschienenen Alben und brandneuen Kompositionen gestaltet er einen mitreißenden Soloklavierabend. Eine facettenreiche musikalische Visitenkarte von einem der führenden europäischen Pianisten.
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